Über Nacht
Sommer 2024
Sa, 29.06.24, 21:29 Uhr – So, 30.06.24, 05:32 Uhr
Mit Guiding Light, The Institute of Sleepless Nights, Krõõt Juurak, Luca Büchler, RENT, Tyra Wigg feat. Aram Abbas und Malereien von Melitta Schnarrenberger, Wilhelm Schnarrenberger und Hösl+Mihaljevic
Kuratiert von Leon Hösl
Das BIA lädt zu einem von Leon Hösl zusammengestellten Programm mit sechs Performances und Konzerten, die von der Nacht handeln, die Nacht überwinden oder auf die Nacht angewiesen sind. Die Veranstaltung beginnt mit Sonnenuntergang und endet mit Sonnenaufgang.
21: 29 Uhr: Tyra Wigg arbeitet mit Choreografie, Tanz und Performance. Durch einen Hintergrund in Massagetherapie und Pflegearbeit beschäftigt dey die Choreografie auch als Laboratorium für die Bedingungen körperbasierter Arbeit. NAPS wurde 2019 erstmals aufgeführt und nun für das BIA in Kollaboration mit Aram Abbas neu adaptiert. NAPS webt aus den Fäden der Menschheitsgeschichte der eskalierenden Produktivität einen weichen Teppich, auf dem sich der hyperstimulierte Körper ausruhen kann. Die überwältigende Müdigkeit, die nach einer großen Leistung auftreten kann, wird in der Öffentlichkeit selten willkommen geheißen, aber bei NAPS steht sie im Fokus. Auf der Bühne, Ort des Aufstiegs und Falls unzähliger Stars, wird nun die Müdigkeit und ihre verführerische Fähigkeit, verkrampfte Muskeln und Gedanken aufzulösen, gefeiert.
22:30 Uhr: Rent ist das Pseudonym der Künstlerin und Ökologin Katrin Euller. Rents Klänge beziehen sich auf industrielle Ökosysteme, Verflechtungen, dunkle Landschaften und deren Geschichten und die Geschichten derer, die diese Orte bewohnen. Gleichzeitig sind es die Prozesse der Klangerzeugung selbst, die in Rents Kompositionen auftauchen: Klänge beeinflussen sich gegenseitig, verstärken sich, heben sich auf, lösen sich auf und werden zu Lärm, klingen wie die Stadt, ein Autoalarm zum Beispiel. Dann verliert sich alles wieder im Nebel.
23:15 Uhr: Lesson ist eine „lesson“ – nicht in dem Sinn, dass man etwas lernen müsste, sondern eher wie der Unterricht in der Schule, wo man einfach Zeit absitzt, und das erzwungenermaßen gemeinsam. Und in ähnlicher Weise übernimmt Krõõt Juurak die Rolle der Lehrperson, nicht weil dey etwas zu lehren hätte, sondern weil dey einfach die Rolle übernommen hat. In den Probenprozess von Lesson sind Psychoanalysesitzungen aus mehr als zwei Jahren eingeflossen, wobei die Therapie in diesem Fall das „Material“ oder die „Probe“ für die Aufführung war. Juurak hat auch verstanden, dass Therapie im Wesentlichen Bildung ist, denn alles andere kann gegoogelt werden. Lesson ist an der Schnittstelle von Schule, Therapie und Stand-up-Comedy angesiedelt. Die Frage nach der Authentizität, der Fähigkeit, bewegt zu werden, zu lachen, zu weinen oder gleichgültig zu bleiben, ist für diese Arbeit entscheidend.
0 Uhr und 1 Uhr: The Institute of Sleepless Nights (Michikazu Matsune, Pieternel Vermoortel, Thomas Geiger) ist ein praxisbezogenes Forschungsprojekt, das sich mit der Kunst der Schlaflosigkeit und Problemen im Zusammenhang mit dem Schlaf beschäftigt. „Unsere Studien sind von der Erkenntniss angetrieben, dass wir alle Praktiker des schlechten Schlafs sind, die sich aus verschiedenen Gründen dazu verpflichten, mitten in der Nacht wach zu sein. Wir erkennen an, dass das, was uns als persönliche und private Angelegenheit erscheint, tatsächlich Teil eines globalen Syndroms ist.“
3 Uhr: Guiding Light, bestehend aus Artjom Astrov, Michaela Kisling, Till Megerle, spielten ein performatives Konzert, das hauptsächlich auf Vocals basierte. Die Auftritte von Guiding Light können als deep hanging out bezeichnet werden und sind weder vorbestimmt noch zufallsgesteuert. Das Trio spielt mit Extremen und Widersprüchen wie „Echtheit“ und „Künstlichkeit“ als visuelle und performative Instrumente und hinterfragt dadurch fortlaufend den Kern ihrer Arbeit. Deep hanging out ist nicht nur eine Musikrichtung, sondern eine Arbeitsweise, die unerklärliche Sounds, intime oder manchmal auch banale Situationen und sorgfältig zusammengestellte Visuals beinhaltet.
4 Uhr: Luca Büchler setzt den Endpunkt der Nacht. In der Performance «The Way | Are (Sequence II)» arbeitet Luca Büchler mit Tanz und verschiedenen Aspekten der passiven und aktiven Teilnahme, die sich aus dem Cruising ergeben. Büchler nutzt Cruising - die Praxis des Beobachtens und Begegnens von potentiellen Partner*innen in einem alltäglichen Kontext - um Bewegungen zu hinterfragen. Der Künstler begegnet damit seiner eingeschriebenen Körpersprache und bewegt sich dabei zwischen Fakt, der erkennbaren Form, und Fiktion, dem Interpretationsspielraum. Jede Geste, jeder Blick ist dabei dem Gegenüber und dessen subjektiven und kulturellen Lesearten ausgeliefert. Büchler möchte soziale Protokolle jedoch nicht einfach offenlegen. Durch die Wiederholung hinterfragt er diese und flirtet damit, Formen der Repräsentation sowie Interpretation zu vervielfachen, um individuelle Fantasien zu kreieren.
Ergänzt wurde die Nacht durch eine Kollaboration mit dem gatekeeperradio.com, das einige Programmpunkte live über ein Webradio übertrug und als Stream zum Nachhören auf seiner Plattform zur Verfügung stellt.
Außerdem wurden Nachtbilder der Künstler*innen Melitta (1909-1996) und Wilhelm Schnarrenberger (1892-1966) gezeigt; ebenso die Aquarell-Serie „Nachtansichten“, mit Motiven der um das Haus führenden Landstraße, der Künstler*innen Hösl+Mihaljevic.
„Über Nacht“ wurde von der Baden-Württemberg Stiftung gefördert und von der Firma Testo SE & Co. KGaA sowie der Sparkasse Hochschwarzwald unterstützt.
Über Nacht
Sommer 2024
Sa, 29.06.24, 21:29 Uhr – So, 30.06.24, 05:32 Uhr
Mit Guiding Light, The Institute of Sleepless Nights, Krõõt Juurak, Luca Büchler, RENT, Tyra Wigg feat. Aram Abbas und Malereien von Melitta Schnarrenberger, Wilhelm Schnarrenberger und Hösl+Mihaljevic
Kuratiert von Leon Hösl
Das BIA lädt zu einem von Leon Hösl zusammengestellten Programm mit sechs Performances und Konzerten, die von der Nacht handeln, die Nacht überwinden oder auf die Nacht angewiesen sind. Die Veranstaltung beginnt mit Sonnenuntergang und endet mit Sonnenaufgang.
21: 29 Uhr: Tyra Wigg arbeitet mit Choreografie, Tanz und Performance. Durch einen Hintergrund in Massagetherapie und Pflegearbeit beschäftigt dey die Choreografie auch als Laboratorium für die Bedingungen körperbasierter Arbeit. NAPS wurde 2019 erstmals aufgeführt und nun für das BIA in Kollaboration mit Aram Abbas neu adaptiert. NAPS webt aus den Fäden der Menschheitsgeschichte der eskalierenden Produktivität einen weichen Teppich, auf dem sich der hyperstimulierte Körper ausruhen kann. Die überwältigende Müdigkeit, die nach einer großen Leistung auftreten kann, wird in der Öffentlichkeit selten willkommen geheißen, aber bei NAPS steht sie im Fokus. Auf der Bühne, Ort des Aufstiegs und Falls unzähliger Stars, wird nun die Müdigkeit und ihre verführerische Fähigkeit, verkrampfte Muskeln und Gedanken aufzulösen, gefeiert.
22:30 Uhr: Rent ist das Pseudonym der Künstlerin und Ökologin Katrin Euller. Rents Klänge beziehen sich auf industrielle Ökosysteme, Verflechtungen, dunkle Landschaften und deren Geschichten und die Geschichten derer, die diese Orte bewohnen. Gleichzeitig sind es die Prozesse der Klangerzeugung selbst, die in Rents Kompositionen auftauchen: Klänge beeinflussen sich gegenseitig, verstärken sich, heben sich auf, lösen sich auf und werden zu Lärm, klingen wie die Stadt, ein Autoalarm zum Beispiel. Dann verliert sich alles wieder im Nebel.
23:15 Uhr: Lesson ist eine „lesson“ – nicht in dem Sinn, dass man etwas lernen müsste, sondern eher wie der Unterricht in der Schule, wo man einfach Zeit absitzt, und das erzwungenermaßen gemeinsam. Und in ähnlicher Weise übernimmt Krõõt Juurak die Rolle der Lehrperson, nicht weil dey etwas zu lehren hätte, sondern weil dey einfach die Rolle übernommen hat. In den Probenprozess von Lesson sind Psychoanalysesitzungen aus mehr als zwei Jahren eingeflossen, wobei die Therapie in diesem Fall das „Material“ oder die „Probe“ für die Aufführung war. Juurak hat auch verstanden, dass Therapie im Wesentlichen Bildung ist, denn alles andere kann gegoogelt werden. Lesson ist an der Schnittstelle von Schule, Therapie und Stand-up-Comedy angesiedelt. Die Frage nach der Authentizität, der Fähigkeit, bewegt zu werden, zu lachen, zu weinen oder gleichgültig zu bleiben, ist für diese Arbeit entscheidend.
0 Uhr und 1 Uhr: The Institute of Sleepless Nights (Michikazu Matsune, Pieternel Vermoortel, Thomas Geiger) ist ein praxisbezogenes Forschungsprojekt, das sich mit der Kunst der Schlaflosigkeit und Problemen im Zusammenhang mit dem Schlaf beschäftigt. „Unsere Studien sind von der Erkenntniss angetrieben, dass wir alle Praktiker des schlechten Schlafs sind, die sich aus verschiedenen Gründen dazu verpflichten, mitten in der Nacht wach zu sein. Wir erkennen an, dass das, was uns als persönliche und private Angelegenheit erscheint, tatsächlich Teil eines globalen Syndroms ist.“
3 Uhr: Guiding Light, bestehend aus Artjom Astrov, Michaela Kisling, Till Megerle, spielten ein performatives Konzert, das hauptsächlich auf Vocals basierte. Die Auftritte von Guiding Light können als deep hanging out bezeichnet werden und sind weder vorbestimmt noch zufallsgesteuert. Das Trio spielt mit Extremen und Widersprüchen wie „Echtheit“ und „Künstlichkeit“ als visuelle und performative Instrumente und hinterfragt dadurch fortlaufend den Kern ihrer Arbeit. Deep hanging out ist nicht nur eine Musikrichtung, sondern eine Arbeitsweise, die unerklärliche Sounds, intime oder manchmal auch banale Situationen und sorgfältig zusammengestellte Visuals beinhaltet.
4 Uhr: Luca Büchler setzt den Endpunkt der Nacht. In der Performance «The Way | Are (Sequence II)» arbeitet Luca Büchler mit Tanz und verschiedenen Aspekten der passiven und aktiven Teilnahme, die sich aus dem Cruising ergeben. Büchler nutzt Cruising - die Praxis des Beobachtens und Begegnens von potentiellen Partner*innen in einem alltäglichen Kontext - um Bewegungen zu hinterfragen. Der Künstler begegnet damit seiner eingeschriebenen Körpersprache und bewegt sich dabei zwischen Fakt, der erkennbaren Form, und Fiktion, dem Interpretationsspielraum. Jede Geste, jeder Blick ist dabei dem Gegenüber und dessen subjektiven und kulturellen Lesearten ausgeliefert. Büchler möchte soziale Protokolle jedoch nicht einfach offenlegen. Durch die Wiederholung hinterfragt er diese und flirtet damit, Formen der Repräsentation sowie Interpretation zu vervielfachen, um individuelle Fantasien zu kreieren.
Ergänzt wurde die Nacht durch eine Kollaboration mit dem gatekeeperradio.com, das einige Programmpunkte live über ein Webradio übertrug und als Stream zum Nachhören auf seiner Plattform zur Verfügung stellt.
Außerdem wurden Nachtbilder der Künstler*innen Melitta (1909-1996) und Wilhelm Schnarrenberger (1892-1966) gezeigt; ebenso die Aquarell-Serie „Nachtansichten“, mit Motiven der um das Haus führenden Landstraße, der Künstler*innen Hösl+Mihaljevic.
„Über Nacht“ wurde von der Baden-Württemberg Stiftung gefördert und von der Firma Testo SE & Co. KGaA sowie der Sparkasse Hochschwarzwald unterstützt.
Necessary cookies are absolutely essential for the website to function properly. This category only includes cookies that ensures basic functionalities and security features of the website. These cookies do not store any personal information.
Any cookies that may not be particularly necessary for the website to function and is used specifically to collect user personal data via analytics, ads, other embedded contents are termed as non-necessary cookies. It is mandatory to procure user consent prior to running these cookies on your website.